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Jagdethische Prinzipen des IVA

Zusammenstellung von Harald G. Schweim und Claus Oelkers nach einem Entwurf von H.-W. Blöcker

Jagdethische Prinzipen des IVA

Vorwort

„Wir laden Trophäenjäger überall aus alle Welt ein, bei uns ein echtes afrikanisches Jagdabenteuer zu erleben – in dem Wissen, dass Sie damit zum Lebensunterhalt der Menschen beitragen, die mit Wildtieren zusammenleben und sie hegen, und dass uns Ihr Beitrag in die Lage versetzt, die Wildnis-Gebiete für künftige Generationen zu bewahren, wie es unsere Verfassung vorsieht.“

Pohamba Shifeta, Minister für Umwelt und Tourismus, Namibia

 Vorbemerkung:

In der Kulturgeschichte ist die Jagd ein wesentliches Element. Der moderne Mensch sicherte sich seit seinem Auftreten sein Überleben die längste Zeit als Jäger und Sammler. Erst vor ungefähr 7000 Jahren im letzten Prozent seiner Existenz begann er mit Ackerbau und Tierhaltung. Somit war die Jagd von zentraler Bedeutung für die Evolution des Menschen. Für diese wurden mit den Waffen die ersten Werkzeuge entwickelt und die gemeinsame Jagd förderte die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten. Die Jagd bildet eine der Grundlagen der menschlichen Kultur. Der Fund von Lanze und Speeren belegt die Jagd auf Großwild bereits durch frühe Menschenarten. Die Jagd diente zur Nahrungsversorgung und lieferte neben Fleisch wertvolle tierische Nebenprodukte wie Knochen für Werkzeuge oder auch für Flöten und Kunstwerke, Felle als Bekleidung, für Schuhe, für Decken, für Behausungen (Zelte) und Tragetaschen sowie Sehnen zum Nähen und für Bögen.

Fundstätten von Jagdplätzen des Neandertalers belegen, dass Neandertaler spezialisierte Jäger waren, die Bisons oder Mammuts auf ihren Wegen in Winterweidegebiete immer wieder an denselben Stellen auflauerten und erlegten. Isotopenmessungen von Kollagen in Neandertalerknochen deuteten zudem darauf hin, dass Fleisch die hauptsächliche Quelle für Protein war.

1,95 Millionen Jahre alte Knochenfunde aus Kenia bezeugen, dass damals bereits neben Antilopenfleisch auch das Fleisch zahlreicher im Wasser lebender Tiere verzehrt wurde. Die Individuen der Gattung Homo haben bereits vor 2 Millionen Jahren zunehmend proteinreichere Kost verzehrten – was wiederum die allmähliche Vergrößerung des Gehirns begünstigte.

Auch heute noch ist der Mensch weder ein reiner „Fleischfresser“ (canivoir) noch ein reiner „Pflanzenfresser“ (herbivoir), sondern ein so genannter „Allesfresser“ (omnivoir). Während sich die Ewenken in Sibirien und die Eskimos überwiegend fleischlich ernährten, lebten die Völker in den Anden in erster Linie von pflanzlichen Nahrungsmitteln. Bei der Mehrheit der heute noch lebenden Jäger-und-Sammler-Völker stammt allerdings weit über die Hälfte der Kost von Tieren.

Die folgenden Merkmale unterscheiden den anatomisch modernen Menschen von den anderen Arten der Menschenaffen: z.B. großes Gehirn, verstärkter Fleischkonsum, verlängerte Kindheit und Langlebigkeit, sowie Herstellung von Werkzeugen und gesteigerte soziale Kooperation.

Wir leben derzeit in einer Zeit des indirekten Naturerlebens und überwiegend nicht mehr im Einklang mit der Natur. Jäger bewegen sich heute in einem Spannungsfeld zwischen den unterschiedlichsten Anforderungen.

Hauptteil

Die Jagdethik wird definiert als „die Bezeichnung für das sittliche Wollen und Handeln in Normen und Regeln bei der Jagdausübung“ unter Zugrundelegung der Verantwortung und Verpflichtung gegenüber dem Wild. Wenn der Begriff weiter gefasst wird, betrifft er auch den Umgang mit und die Verpflichtung des Jägers gegenüber den vierbeinigen Jagdhelfern, Mitjägern und Nicht-Jägern. Dies macht besondere Verhaltensweisen erforderlich. Mit deren Anwendung wird:

– aus dem Schießen auf wildlebende Tiere ein verantwortungsvoller Umgang mit der Natur,

– aus der Anwendung einfacher jagdlicher Fertigkeiten die Jagdausübung,

– aus der einfachen Nutzung von Wild eine nachhaltige Bewirtschaftung,

– aus dem Eingriff in den Bestand wildlebender Tiere ein Einsatz für die Biodiversität.

Jagdliche Ethik bewegt sich immer im Rahmen rechtlicher Vorgaben z.B. die Nutzung von Grundeigentum und dem darauf lebenden Wild, und führt unter Berücksichtigung der Gebote und Verbote zu einer an ethischen Werten orientierten Einzelentscheidung. Formell bedeutet dies, Entscheidungen zu treffen, die rechtlich möglich sind, Verpflichtungen zu erfüllen, die nicht immer gesetzlich normiert sind oder Tätigkeiten zu unterlassen, obwohl sie zugelassen wären. Jagdethik ist stets im Wandel, ohne dass sich der jagdliche Kern verändert. Die Entwicklung erfolgt stets parallel zum Wandel gesellschaftlicher Werte und in gegenseitiger Beeinflussung.

Normiert ist die Jagdethik in Deutschland in der Verpflichtung des § 1 Abs.3 Bundesjagdgesetzes, bei der Ausübung der Jagd die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit zu beachten. Waidgerechtigkeit ist die gute fachliche Praxis der Jagdausübung. Eine Jagdausübung ist nur waidgerecht, wenn sie allen rechtlichen Vorgaben sowie allen allgemein anerkannten, geschriebenen oder ungeschriebenen Regelungen und gesellschaftlichen Normen zur Ausübung der Jagd, insbesondere im Hinblick auf den Tierschutz, die Tiergesundheit, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, das Verhalten gegenüber anderen Inhaberinnen und Inhabern des Jagdrechts, jagdausübungsberechtigten Personen und der Bevölkerung sowie im Hinblick auf die Jagdethik, entspricht.

Jagdethik schließt damit die „Waidgerechtigkeit“ mit ein, kann aber darüber hinausgehen.

Wir Jäger haben unverrückbare Prinzipien bei der Ausübung der Jagd, die in der Tradition der Deutschen Waidgerechtigkeit stehen. Dazu gehört u.a. das Jagdrecht des jeweiligen Landes streng zu achten, regelmäßiges Training mit der Jagdwaffe, Anschießen der Waffe im Jagdgebiet, zu Fuß, ohne künstliches Licht oder aus PKW zu jagen, Achtung vor der Kreatur und der Natur zu bewahren und ein guter ‚Botschafter‘ unseres Landes zu sein.

Wir engagieren uns im Wild- und Naturschutz und unterstützten entsprechende Projekte im In- und Ausland. Unser Anliegen ist die Förderung der freilebenden Tierwelt im Rahmen des Jagdrechtes des jeweiligen Landes und des Artenschutzes.

Beim Vergleich zwischen Ländern, in denen die Jagd seit den 1970er Jahren verboten ist und Ländern, in denen ein „wildlife-management“ durchgeführt wird kann festgestellt werden, dass Wilderei, die als Hauptproblem für den Rückgang seltener Arten gesehen wird, bei geregelter Jagd dann deutlich zurückgeht, wenn die Bevölkerung vor Ort am Ertrag beteiligt wird.

Noch besser sieht das auf Jagdfarmen z. B. Namibia aus. Diese Farmen sind aufgrund ehemaliger Rinderhaltung niedrig eingezäunt und dehnen sich auf sehr großen Flächen aus. Der Wildreichtum ist so groß, dass dem Jäger Jagderfolg fast immer garantiert werden kann. Mit den Geldern wird dort, staatlich geregelt, der Wildschutz auch für nicht freigegebene Wildarten finanziert. Allen Jagdtouristen kommt eine besondere Verantwortung zu, um nachhaltig zu jagen und zum Ansehen der Jagd beizutragen.

  1. Jagd ist in der Menschheit tief verwurzelt. Sie ist für uns Jäger ein Erbe, das uns verpflichtet zur Verantwortung, Disziplin und ethischem Handeln im Sinne der Nachhaltigkeit.
  2. Weil uns die Zukunft der Jagd für unsere Kinder und Enkel am Herzen liegt, wollen wir mit Offenheit, Klarheit, Einigkeit und Verständnis füreinander für die Jagd einstehen.
  3. Der Umgang mit den Naturressourcen der Welt muss kulturgerecht, verantwortungsvoll und gut abgewogen sein.
  4. Wir wollen uns für ein gesundes, angepasstes Verhältnis von Mensch und Natur einsetzen und verschiedene gesellschaftliche Interessengruppen einbinden. Nur so sorgen wir für Identitätsbildung und Wissen über Zusammenhänge – sie sind der Garant für langfristigen Wohlstand, Frieden und Freiheit.
  5. Jagdausübung braucht umfassende Ausbildung, behördliche Legitimation und Weiterbildung. Jagdausübung erfordert weltweit vergleichbare Kenntnisse, in der alle jagdlichen Tätigkeitsbereiche beinhaltet sind. Jagdliche Ausbildung, Jägerprüfung und Fortbildung müssen umfassend und vergleichbar sein.
  6. Jagd ist angewandter Natur- und Tierschutz. Als solcher ist er nicht nur international anerkannt, sondern zur Erhaltung biologischer Vielfalt unverzichtbar. Jäger verbessern Lebensräume, erhalten gefährdete heimische Arten wirksam, gehen mit eingewanderten Tierarten ebenso um wie mit heimischen Beutegreifern. Sie regulieren und erhalten artenreiche Wildbestände.
  7. Wild ist ein integraler Bestandteil der Ökosysteme. Viele jagdbare Wildarten sind Schlüsselarten der biologischen Vielfalt. Angestrebt werden Lösungen, die sowohl eine gewinnbringende land- und forstwirtschaftliche Nutzung ermöglichen, als auch das Ökosystem in seiner biologischen Vielfalt erhalten. Die Bewirtschaftung wildlebender Tiere erfolgt lebensraumbezogen. Wildlebenden Tieren müssen geeignete Lebensräume zur Ansiedlung oder zur Wiederbesiedlung ermöglicht werden, Wanderungen zum Austausch zwischen einzelnen Populationen verhindern genetische Verarmung. Bejagung hat sich am Lebensraum und der biologischen Vielfalt zu orientieren.
  8. Wildlebende Tiere sind jeder anderen Nutzungsmöglichkeit gleichrangig. Die Jagd ist eine weitere Form der Nutzung von Eigentumsrechten an Grund und Boden. Beim Umgang mit wildlebenden Tieren in ihrem Lebensraum sind Regulierungen der Bestände ebenso erforderlich wie die Erhaltung des erforderlichen Freiraumes. Abwägungen unterschiedlicher Arten des Umgangs mit Grundstücken und ihren Bestandteilen können nicht durch einseitige Eingriffe beeinträchtigt werden. Es sind in der Regel lebensraumbezogene Abwägungen vorzunehmen. Wildtiere sind stets wesentlicher Teil ihres Lebensraumes. Deshalb kann es keine einseitigen Vorrangstellungen geben. Jagdausübung und jagdliche Eingriffe in Wildbestände sind unverzichtbare Bestandteile einer ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft. Dies erfordert Verständnis für die unterschiedlichen Aufgaben, Information über Einzelaktionen, Absprachen über Vorgehensweisen und Unterstützung bei Jagdausübung oder Bewirtschaftung. Die Vorstellung „Wald vor Wild“ lehnen wir ab, wir wollen „Wald UND Wild“.
  9. Wir sind Heger und Jäger und keine „Schädlingsbekämpfer“.
  10. Jagd auf extra für den Abschuss gezüchteter Tiere lehnen wir ab.
  11. Jagd im Kleingatter lehnen wir ab, naturbelassene Gatter ab 1000 ha sehen wir als Revier an.
  12. Wir übernehmen Verantwortung für alle jagdbaren Arten und Lebensräume indem wir:

-Wildarten bejagen zur Wildbret-Erzeugung und, soweit nötig, zur Bestandsregulierung,

-nach waidgerechten und wildbiologischen Grundsätzen jagen, um Schäden in Landwirtschaft und Natur zu begrenzen,

– Krankheiten und Seuchen überwachen und bekämpfen,

-uns ständig weiterbilden und unser Wissen transportieren,

-wissenschaftliche Programme über die Jagd und alle Wildarten begleiten.

13. Wir wollen Traditionen pflegen und erhalten, aber auch alles Moderne und Neue aufnehmen und auf die Tauglichkeit für Hege, Jagd    und  Naturschutz prüfen.

Zusammenfassung

Unser Denken und Handeln erfolgt nach strengen ethischen Grundsätzen; mit Selbstbewusstsein, Freude und großer Leidenschaft! Die Jagdethik erfüllt somit die Anforderungen an ein über lange Zeiträume entwickeltes schutzwürdiges Jagdwesen, bewahrt es vor der Ausbreitung sinnentleerter Ideologien oder von der Degradierung auf bloße wertfreie Handlungen und lässt die Jagdausübung im Rahmen der jagdlichen Betätigung auf den Grundflächen dauerhaft gestalten und erhalten.

Für den IVA e.V.

Der Präsident

 

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